„Der Igel ist und bleibt Mercedes“

Formel-1-Kommenator Heiko Wasser im Interview

Sportnews > Für Zwischendurch Veröffentlicht am Thursday, 08. April 2021

Quelle: Privat

Formel-1-Kommentator Heiko Wasser geht in diesem Jahr von einem engen Titelkampf aus. Am Ende wird seiner Meinung nach aber trotzdem wieder Mercedes vorne stehen.

Am 18. April gastiert die Formel 1 in Imola beim Großen Preis der Emilia Romagna. Für den TV-Sender RTL wird es ein ganz besonderes Rennen, denn es ist der erste Grand Prix, den der Sender aus Köln im Rahmen der Partnerschaft mit Rechteinhaber Sky in dieser Saison übertragen darf. Mit an Board ist dann auch wieder Kommentator Heiko Wasser, der bereits seit 29 Jahren die Motorsport-Königsklasse auf RTL kommentiert.

Wir haben uns im Vorfeld ausführlich mit Wasser unterhalten. Dabei verrät der 63-Jährige, wie er den Schock über das vermeintliche Aus für seinen Sender erlebt hat, vergleicht den engen Titelkampf zwischen Mercedes und Red Bull mit einem bekannten Märchen, spricht über Sebastian Vettels schwierigen Neustart bei Aston Martin sowie über das Debüt-Jahr von Mick Schumacher, den er mit seinem Vater Michael vergleicht.

vereinsleben.de: Heiko, die Formel 1 und damit auch Du sind zurück bei RTL. Wie sehr freust Du dich, dass ihr doch wieder dabei sein könnt? 

Heiko Wasser: Vier Rennen ist besser als nichts und deshalb freuen wir uns alle, dass wir wenigstens diese vier Rennen haben. Aber klar, wir hätten lieber die ganze Saison kommentiert, das wird glaube ich jeder verstehen. 

vereinsleben.de: War es letztes Jahr ein großer Schock für euch, als bekannt wurde, dass RTL keine Rennen mehr überträgt? 

Heiko Wasser: Ja. Das kam ja schon im Sommer vor Beginn der Corona-Saison 2020. Das kam für uns alle wie aus dem Nichts. Daran hätte keiner von uns auch nur eine Tausendstelsekunde im Schlaf gedacht. Das kam aus dem absoluten Nichts und hat uns alle total geschockt und tiefe Narben und Wunden hinterlassen. 

„Das hat sau weh getan“

vereinsleben.de: Wie groß war die Erleichterung, dass Du jetzt ebenfalls wieder dabei sein darfst? 

Heiko Wasser: Wir haben im Winter oder Frühjahr, Anfang des Jahres, sprich Januar, Februar herum leichte Tendenzen erkennen können, dass da verhandelt wird und die Chance besteht, wenigstens vier Rennen zu bekommen. Das hat man positiv zur Kenntnis genommen. Und wir sind alle davon ausgegangen, dass wir dann wieder dabei sein werden. Es würde wenig Sinn machen, da nach 29 Jahren plötzlich auszutauschen. Oder nach so vielen Jahren Formel 1 bei RTL vier Rennen zu haben und neue Leute hinzusetzen. Das hätten glaube ich die Zuschauer ebenfalls nicht verstanden, das zeigt die Reaktion. Ich habe ich weiß nicht wie viele nette Kommentare bekommen.

vereinsleben.de: Freut es dich, dass Du so viel positives Feedback bekommen hast? 

Heiko Wasser: Ja, absolut. Aber das war bereits so, als wir aufgehört haben. Da haben so viele Leute mitgelitten. Ich habe selten so viele empathische Mails bekommen, wie da. Von Leuten, die gesagt haben „Ich kann es mir ohne euch nicht vorstellen“ und „Ich habe jedes einzelne Rennen mit euch immer gesehen“, „Ich habe auf den Knien bei meinem Papa das erste Rennen geschaut und jetzt habe ich selbst Kinder und denen beigebracht, Formel 1 zu schauen.“ Das berührt einen. Und wie gesagt, ich habe 29 Jahre kommentiert, 505 Rennen. Da hat das sau weh getan. 

vereinsleben.de: Im Endeffekt also ein ganzer Lebensabschnitt …

Heiko Wasser: Ja und es war – mit Verlaub – schwer zu verstehen. Es gibt immer diese wirtschaftlichen Gründe. Und ich weiß, welche Zahlen dazu geführt haben, dass RTL gesagt hat „Wir ziehen da jetzt mal einen Strich drunter.“ Aber auf der anderen Seite waren die Quoten nach wie vor gut. Die Begeisterung war trotz der schwierigen Saison letztes Jahr groß und die Leute haben Formel 1 geschaut, selbst wenn wir nicht mit der vollen Mannschaft vor Ort sein konnten und diese ganzen Dinge machen konnten, die wir in den Jahren davor gemacht haben. Verglichen mit allem anderen, was – mit Verlaub – bei RTL läuft und mit allen anderen großen Events war die Formel 1 verdammt stabil. Und deshalb war das bei allem Verständnis für die Menschen, die letztendlich die Budgets verantworten müssen, schwer zu verdauen und nicht tausendprozentig nachvollziehbar. 

vereinsleben.de: Wie sah die Zeit zwischen „RTL ist raus aus der Formel 1“ und der Info „RTL ist doch wieder dabei“ bei Dir aus? 

Heiko Wasser: Es war keine ganz große Umstellung für mich, denn auch in den Jahren, wo wir immer weiter Formel 1 gemacht haben, war der Winter für mich immer eine Art Ruhepause. Normalerweise habe ich mich nach dem Abu Dhabi Rennen um den Dortmunder Weihnachtsmarkt gekümmert, auf den ich sehr gerne gegangen bin und meine Familie mitgeschleppt habe. Das war dieses Jahr bei dieser Corona-Situation nicht möglich, daher habe ich einen relativ ruhigen Winter gehabt. Aber es gab zwei, drei Projekte zwischendurch. Ich habe das Management gewechselt, habe mit einer neue Agentur ein paar Sachen angeschoben. Man kann mich jetzt für Oster-, Weihnachts-, Geburtstags- und sonstige Grüße buchen. Da gibt es ein neues Thema. Da gibt es eine Seite, die heißt „Shoutout“, da kann man bestellen „Heiko Wasser, bitte meinem Papa zum Geburtstag gratulieren, der ist ein großer Formel-1-Fan“ und dann mache ich das. Dann habe ich mit einer deutschen großen Telekommunikationsfirma viele Dinge gemacht bei BVB-TV. Da gibt es eine schöne, kleine, neue Game Show, die kann man sich auf YouTube oder im Netz auf BVB-TV anschauen. Da habe ich mitgewirkt, die Spiele habe ich kommentiert. Und durch einen Sponsor, der auf den Haas Autos von Nikita Mazepin und Mick Schumacher ist, ist wieder ein zweiter kleiner Zeh in die Formel 1 Tür gerutscht. Für diese Firma war ich in Bahrain beim ersten Rennen und habe mitgeholfen, einen Beitrag über Mick Schumacher zu machen und Mick Schumacher das ganze Wochenende hautnah begleitet habe. 

vereinsleben.de: Also auch noch einmal ein etwas anderer Blickwinkel auf das Rennwochenende …

Heiko Wasser: Das war auf der einen Seite hui und auf der anderen Seite pfui. Ich habe zwar ein tolles Wochenende verlebt, weil ich die ganze Zeit die Kopfhörer auf hatte und mithören konnte, wie Gary Gannon mit Mick kommuniziert hat und wie er in sein erstes Rennwochenende rein geguided und ihm geholfen wurde. Ich habe die ganze Zeit den Funk mitgehört. Auf der anderen Seite: Einen größeren Salzstreuer und eine größere offene Wunder, als den Start in Bahrain live zu erleben, aber in der Garage von Haas zu stehen und nicht wie normal immer in der Sprecherkabine unter der Haupttribüne, kann man sich kaum vorstellen. 

Mit gewohntem Personal überträgt RTL auch in dieser Saison die Formel 1: v.l.n.r. – das Kommentatoren-Duo Christian Danner und Heiko Wasser, Strecken-Reporter Kai Ebel und Moderator Florian König (Bild: picture alliance / ATP | ATP)

vereinsleben.de: RTL überträgt insgesamt vier Rennen der aktuellen Saison. Los geht es mit dem Klassiker in Imola nächsten Sonntag. Worauf freust Du dich am meisten? 

Heiko Wasser: Zunächst freue ich mich, dass wir es überhaupt machen dürfen. Und dann freue ich mich darauf, wieder mit Christian [Danner, d.Red.] kommentieren zu können. Imola ist eine tolle Strecke, die letztes Jahr wegen Corona wieder reingerutscht ist und dieses Jahr wegen Corona ebenfalls wieder drin ist. Wir – und nicht nur wir, die gesamte Formel-1-Welt ebenfalls – haben das positiv registriert, dass diese alten Strecken, die als Notnagel wieder hervorgeholt wurden, der Welt und den Fahrern viel Spaß gemacht haben. Imola ist und bleibt eine fantastische Strecke. Leider werden wir das wegen der Situation in Italien aus Köln kommentieren müssen. Wir haben immer noch die Hoffnung, dass wir in der zweiten Saisonhälfte die Rennen in Monza und Brasilien vor Ort machen dürfen. Aber jetzt freue ich mich einfach, dass wir überhaupt wieder kommentieren. Wir haben anderthalb Stunden Vorlauf, das heißt, die Leute müssen früh einschalten, denn wir haben ein bisschen etwas vor und wir haben ein paar – wie man es von RTL kennt – schöne Filme, Kai [Ebel, d.Red.] und Felix Görner werden vor Ort sein, wir werden also auch Interviews von vor Ort bekommen. Und wie gesagt, 90 Minuten vor Rennstart gehen wir auf Sendung, so dass wir alle gut einführen können. Florian König und Nico Hülkenberg sind die beiden, die durch das Programm führen werden.

Die Geschichte mit dem Hase und dem Igel 

vereinsleben.de: Kommen wir zum sportlichen Teil. Beim Saisonauftakt in Bahrain hieß der Sieger wieder einmal Lewis Hamilton. Red Bull war allerdings sehr nah dran, wenn nicht sogar vor Mercedes … 

Heiko Wasser: Red Bull war vor Mercedes! Das war das, was sich in den Testfahrten bereits angedeutet hat. Ich habe aber bereits nach der Testfahrt, bei der Präsentation des Mercedes bei RTL in den Nachrichten gesagt: Trotz alledem, ich habe das Gefühl, am Ende werden viele Hasen wieder rennen und rennen und rennen und am Ende wird der Igel wie im alten Märchen wieder vorne stehen und sagen „Ha, ich bin bereits da“. Und der Igel ist und bleibt für mich Mercedes. Man muss klar sagen: Sie hatten Schwächen in den Tests, aber sie haben aus den Fehlern gelernt. Sie haben, was die Reifen angeht, Red Bull den Zahn gezogen, indem sie ganz andere Reifen fürs Rennen übrig hatten als Verstappen. Das hat dazu geführt, dass sie Red Bull geschlagen haben. Dann noch mit der Strategie, da hat Red Bull sich ebenfalls nicht von der allerallerschlauesten Seite gezeigt, meiner Meinung nach. Man hätte es gewinnen müssen, denn man war im Qualifying klar schneller, man war auf der Strecke klar schneller. Aber Mercedes hatte die bessere Reifenwahl, die bessere Strategie und einen abgezockten Lewis Hamilton, der am Ende genau das gemacht hat, was er bereits 2015 mit Nico Rosberg zig mal gemacht hat. Sich immer schön raus treiben lassen, so dass Nico immer von der Strecke musste. Das hat er dieses Mal beim alles entscheidenden Überholversuch von Verstappen ebenfalls getan und sich dann sofort über Funk beschwert, gepetzt und das führte dazu, dass Max Verstappen den Platz an der Spitze wieder abgeben musste.

Trotz Überlegenheit musste Max Verstappen (l.) Weltmeister Lewis Hamilton beim Bahrain-GP erneut zum Sieg gratulieren. Wenn es nach Heiko Wasser geht, wird das wohl auch am Saisonende so sein. (Bild: picture alliance/dpa | Hasan Bratic)

vereinsleben.de: Besonders die Regeländerungen am Unterboden machen den Silberpfeilen ja zu schaffen. Glaubst du daran, dass es dieses Jahr einen offenen Titelkampf geben kann? 

Heiko Wasser: Ich hoffe es. Die Tendenz ist da. Es scheint so auszusehen, als wenn diese Beschneidung der Unterböden besonders den Autos, die glatter und gerader liegen, ein bisschen mehr weh tut. Und dazu gehört Mercedes. Dazu gehört außerdem, weil es eine Mercedes-Kopie war, der Aston Martin vom Sebastian Vettel. Die, die angestellt sind, die hinten höher stehen, kommen damit scheinbar – so ist der Trend im Moment – besser klar. Aber was wichtig ist: Der Honda Motor hat zugelegt, deshalb sehe ich Max Verstappen definitiv auf Augenhöhe. Das wird in Imola ein super Zweikampf werden. 

Vettel sollte aufhören zu „lamentieren“

vereinsleben.de: Bei Sebastian Vettel läuft es dagegen noch nicht so richtig rund. Das Auto macht Zicken und er hat in Bahrain wieder vermeidbaren Fehler gemacht. Wie schwer wird es in dieser Saison für Seb? 

Heiko Wasser: Es wird sicherlich schwerer, als er befürchtet oder erwartet hatte. Denn der Aston Martin zählt auch zu den Autos, die ein bisschen flacher auf den Boden liegen und nicht hinten angestellt sind und die vielleicht von dieser Regeländerung weniger profitieren, beziehungsweise mehr beschnitten und eingeschränkt sind als die anderen Teams. Außerdem muss er sich an ein komplett neues Team gewöhnen. Das darf man sich nicht so einfach vorstellen. Das ist nicht nur ein neues Lenkrad. Das ist ein komplett anderes Fahrverhalten, ein anderes Ansprechverhalten vom Motor. Das sind andere Leute, das ist ein anderer Renningenieur. Da ist eine Menge, auf das Sebastian sich einstellen muss. Und dann kommt noch eins dazu: Dieses Dauerbrennertiefthema vom letzten Jahr. Das scheint er beim ersten Rennen wieder mit ausgegraben zu haben. Wieder ein vermeidbarer Fehler. „Das kann passieren“, werden wieder alle sagen, aber es sollte Sebastian nicht passieren. Und was ihm erst recht nicht passieren sollte, ist dieses Lamentieren am Funk und die Schuld auf den anderen zu schieben, denn das war glasklare seine. 

vereinsleben.de: Ex-Formel-1-Pilot David Coulthard hat sogar behauptet, dass Sebastian Vettel nur geholt wurde, um Teamkollege Lance Stroll besser aussehen zu lassen. Sozusagen als Marketing-Kniff. Glaubst Du, da ist etwas dran? 

Heiko Wasser: Nein, das ist Bullshit! Ich meine die Situation in dem Team war letztes Jahr bereits sehr, sehr kompliziert. Man wollte Vettel haben, aber man musste dafür einen Fahrer loswerden. Und wenn wir ganz ehrlich sind, hat man den besseren Fahrer abgegeben, Sergio Pérez. Aber logisch: Man kann nicht den Sohn des Besitzers, Hauptsponsors und Financiers, Lawrence Stroll, den Sohnemann Lance rausschmeißen. Man hat Vettel geholt, weil man einen erfahrenen Mann brauchte. Man hat Vettel mit Blick auf die Saison 2022 geholt. Das darf man nicht vergessen. Wir reden hier von einer Übergangssaison. Das ist etwas, was die Sache im Moment schwierig macht. Ganz viele nehmen das Jahr mehr oder weniger so hin und wissen: „Wir machen alles fürs neue Jahr“. Bei Haas, dem Team von Mick Schumacher, sagt Günther Steiner klar „Wir werden nicht ein einziges Entwicklungsteil bringen oder maximal eine kleine Ausbaustufe. Wir haben keine Token genutzt, diese Freikarten, um gewisse Dinge am Auto zu verändern.“, weil man ganz klar gesagt hat „Was bringt uns das? Unser Auto war im letzten Jahr schlecht. Mit kleinen Änderungen machen wir es nur minimal besser. Wir sparen uns die Ressourcen und das Geld für die Regeländerung und das ganz neue Auto 2022.“ Und das werden Vettel und Aston Martin ebenfalls so machen.

Debüt von Mick: „Ich hatte Gänsehaut“ 

vereinsleben.de: Mit Mick Schumacher ist seit dieser Saison endlich wieder das legendäre Kürzel „MSC“ in der Formel 1, genau wie damals bei seinem Papa Michael. Was erwartest Du von Mick? 

Heiko Wasser: Ich muss sagen: In dem Moment, wo zum ersten Mal das Kürzel auf dem Zeitenmonitor aufleuchtete, hatte ich Gänsehaut. Und ich glaube, da war ich nicht alleine. So wird es Millionen Schumacher-Fans und Formel-1-Fans weltweit gegangen sein. Denn das sind diese magischen Buchstaben und Mick hat sie ganz bewusst ausgewählt. Es ist toll, das wieder zu sehen. In Sachen Auto kann man von ihm in dieser Saison nicht wahnsinnig viel erwarten. Wir wissen: Das Auto ist schlecht. Sie können maximal an die Williams rankommen, denn die haben dummerweise einen Sprung nach vorne gemacht und sind stärker als im letzten Jahr. Aber was man von Mick persönlich erwarten kann, ist das, was er bereits in Bahrain gezeigt hat: Eine gute Lernkurve, sich im Team zurechtfinden, mit den Leuten klarkommen, zuhören, lernen, adaptieren „Was geht?“. Und zum Beispiel im Rennen war für mich sehr gut zu beobachten, wie er von Reifensatz zu Reifensatz besser wurde. Er hat am Start, das darf man ebenfalls nicht vergessen, einen schwierigen Start mitmachen müssen. Mit Pérez, der neben die Strecke fährt, dann mit dem Abbruch des Starts, zusätzliche Einführungsrunde. Das sind alles Dinge, die das Nervenkostüm zusätzlich belasten. Das hat er alles prima gemanagt. Er hat den Start gut hinbekommen, hat die Safety-Car-Phase hinbekommen. Dann kam dieser kleine Dreher, weil die Reifen nicht heiß waren. Verzeihlich. Aber wichtig war die Performance im Rennen. Er ist im ersten Stint mit dem ersten Satz Reifen ganz gut klargekommen. Im zweiten Stint hat er deutlich mehr aus den Reifen geholt, hat das Auto besser verstanden, die Reifen besser genutzt. Und der dritte Stint war richtig, richtig, richtig gut. Da war er immer im Schnitt eine Sekunde schneller als Latifi im Williams vor ihm und ist an ihn ran gefahren. Und der hat sich letztendlich gedreht, aber den hätte Mick auf der Strecke glaube ich noch erwischt. Das war eine sehr gute Leistung. Und das ist genau das, was ich von Mick erwarte: Ruhig bleiben, lernen. Er ist schlau genug, zu wissen, dass mit dem Auto nichts geht. Er kann nicht von Platz 15 träumen mit dem Auto. Das Ziel wird immer sein, Mazepin zu schlagen. Das hat er im ersten Wochenende eindrucksvoll gemacht. Nicht nur was das Ergebnis und das Qualifying angeht, sondern weniger, viel weniger Fehler. Und das ist gut, das muss er so weiter machen. Das ist jedoch schwer für jemanden, der in allen Jahren, in denen er Rennen gefahren ist, gewohnt ist, weit vorne zu fahren. Da muss er sich durchbeißen. Da kommt sicherlich Mitte der Saison ein Moment, wo er sagt „Jetzt gurke ich immer noch da hinten herum und es geht immer noch nichts vorwärts.“ Das ist etwas, was ich bereits mit einigen Fahrern erlebt habe und wo ich mit einigen Fahrern drüber geredet habe, die aus anderen Serien gekommen sind, die da ihre Schwierigkeiten hatten. Wenn man als Meister in die Formel 1 kommt, ist man nicht nur Rookie, da ist man automatisch ein Nichts, da ist man zunächst ganz, ganz hinten. Und in so einem Haas erst recht. Aber er hat ein Team, das will. Er hat einen Teamchef, der gut geeignet ist, junge Leute aufzubauen und er hat vor allen Dingen einen sehr guten Renningenieur, mit dem er prima klarkommt. 

vereinsleben.de: Du hast alle 91 Siege von Michael Schumacher live miterlebt. Was bedeutet es für dich persönlich, jetzt zumindest teilweise beim Sohnemann dabei sein zu können? 

Heiko Wasser: Ich bin happy. Das war wirklich etwas, was mir sehr weh getan hat, letztes Jahr den Stecker gezogen zu bekommen, unmittelbar bevor der Mick endlich kommt. Jetzt schließt sich wenigstens die Klammer. Ich kann jetzt, nachdem ich seinen Papa so lange verfolgt habe, Mick verfolgen und wenigstens vier Rennen von ihm kommentieren. Und wenn es gut geht für den vorhin bereits angedeuteten Sponsor vielleicht noch ein paar Mal öfter zur Formel 1 fliegen und näher dran zu sein. Das macht Spaß. Ich habe das in der Garage mit seiner Managerin, mit Sabine Kehm gemeinsam erlebt, die ebenfalls so viele Jahre dabei ist und so viele Jahre mit Michael um die Welt gezogen ist. Für die war das ebenfalls ein ganz besonderer Moment. Und ich denke, so geht es ganz vielen, dass man sagt „Jau! Er ist wieder da! Der Name Schumacher ist wieder in der Formel 1“. Es ist der Sohn, das Auto ist nicht gut, aber wir müssen uns freuen, dass er überhaupt dabei ist. 

Wasser begleitete die Karriere von Formel-1-Legende Michael Schumacher von Anfang an. Nun soll will er auch Sohn Mick auf dem Weg nach oben sehen. (Bild: picture alliance / AP Photo | DANIEL MAURER)

vereinsleben.de: Wie viel Michael steckt denn in Mick? 

Heiko Wasser: Sehr viel. Sehr, sehr viel. Die Herangehensweise, die Sachlichkeit. Die Art, wie er mit den Leuten arbeitet. Die Art, wie er versucht, möglichst viele Leute im Team kennenzulernen. Und so eine Kleinigkeit wie die Rennvorbereitung am Samstagabend: Er hat das gemacht, was sein Vater früher sehr oft und sehr gern gemacht hat, er hat Schach gespielt. 

vereinsleben.de: Auch rein äußerlich sehen sich die beiden ja sehr ähnlich. 

Heiko Wasser: Ja und von der Gestik, von der Mimik. Mick ist ebenfalls kein Dampfplauderer, der sofort drauf los redet, bei jeder Frage überlegt er sich gut die Antwort. Aber er ist, wenn man ihn mit den Anfängen seines Vaters vergleicht, ganz anders geschult und vorbereitet. Mick hat durch die anderen Serien sicherlich ein gutes Medientraining und eine gute Ausbildung genossen. Und Michael war, als er in die Formel 1 kam, noch ein bisschen hemdsärmeliger und lockerer unterwegs. Das hat sich mit der Zeit gegeben, dann war er viel souveräner und ruhiger. Aber insgesamt sieht man, wenn man so auf das ganze Drumherum schaut, die Art und Weise, sehr positive Zeichen. Er hat den gleichen Physio, den sein Vater damals hatte, Karl Schnapka. Wie er mit seinen Leuten umgeht, wie er mit dem Team umgeht, wie er zuhört, wie er analysiert, wie er sich einbringt, wie er nachfragt. 

vereinsleben.de: Auch wenn es jetzt nach dem ersten Rennen natürlich noch sehr schwierig ist. Wer wird am Ende der Saison Weltmeister? 

Heiko Wasser: Ich fürchte, Mercedes wird am Ende doch wieder am längeren Hebel sitzen. Sorry, dass ich sage „Ich fürchte“, das ist ein bisschen gemein. Mercedes macht seit vielen, vielen Jahren einen überragenden Job, aber sie machen die Formel 1 damit leider ein bisschen langweilig. Ich weiß nicht, ob es bei Red Bull dieses Jahr bereits reicht. Der Motor, ist besser geworden. Max Verstappen ist ein überragender Fahrer. Ich glaube, dass er im gleichen Auto einen Tick schneller wäre als Lewis Hamilton. Aber am Ende die Lernkurve beziehungsweise das Talent, aus Fehlern ganz schnell zu lernen und diese Fehler beim nächsten Rennen bereits ausgebügelt zu haben, das macht kein Team besser als Mercedes. Ich glaube, es wird deutlich spannender und deutlich enger als in den letzten Jahren, aber ich könnte mir vorstellen, dass am Ende doch wieder Lewis Hamilton hauchdünn die Nase vorn haben wird.

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