„Glaube, dass da viel möglich ist“

Olympiasiegerin Miriam Welte traut deutschen Athleten in Tokio einiges zu

Sportnews > Für Zwischendurch Veröffentlicht am Saturday, 17. July 2021

Miriam Welte ist eine der erfolgreichsten Bahnrad-Fahrerinnen aller Zeiten. Wir haben uns mit ihr zum großen Olympia-Interview getroffen und ausführlich mit ihr gesprochen. Unter anderem die deutschen Medaillen-Chancen und ihre Erwartungen an die Spiele in Tokio.

vereinsleben.de: Ein Sportler bereitet sich ja wirklich intensiv auf ein Event, auf einen Wettkampf vor. Und wenn es dann auf einmal kurz vorher heißt, ach weißt du, es findet nicht statt, wir verschieben das um ein Jahr, was bedeutet das dann?

Miriam Welte: Ich habe versucht, mich in die Lage hineinzuversetzen, die die Sportlerinnen und Sportler im vergangenen Jahr durchlebt haben. Das ist wirklich eine verdammt schwere Situation. Du bereitest dich nicht nur ein Jahr, du bereitest dich Jahre vor auf die Olympischen Spiele, auf dein Highlight, auf den Wettkampf. Und wenn du dann so kurz vorher erfährst, dass dein Traum platzt, weil dir eine Pandemie einen Strich durch die Rechnung macht, dann ist das wirklich eine Katastrophe. Ich habe aber auch mit vielen Athleten sprechen können und die, mit denen ich geredet habe, sind wirklich alle positiv mit der Situation umgegangen. Natürlich sind viele erst einmal in ein kleines Motivationsloch gefallen. Das wäre mir mit Sicherheit genauso passiert, weil du erst einmal nicht weißt, wie es weitergeht. Wann sind die nächsten Wettkämpfe, findet Olympia im nächsten Jahr überhaupt statt? Aber das musst du einfach ausblenden und weitermachen. Ich bin gespannt, wer das am besten geschafft hat. Das sehen wir, wenn die Olympischen Spiele losgehen, wer das wirklich umsetzen konnte sich voll auf die Spiele zu fokussieren.

vereinsleben.de: Wäre es aus deiner Sicht vielleicht besser gewesen, die Spiele noch einmal abzusagen? Die Lage ist ja immer noch nicht so wirklich gut. In Tokio wurde der Notstand ausgerufen. Es sind keinerlei Zuschauer zugelassen. Hätte man es noch einmal absagen sollen?

Miriam Welte: Ich glaube, wenn es jetzt abgesagt worden wäre, dann wäre es wirklich abgesagt worden und nicht verschoben, wie wir es im vergangenen Jahr erlebt haben. Und das wäre für den Sport aber vor allem für die Athletinnen und Athleten sehr, sehr traurig gewesen. Deswegen glaube ich, dass es gut, dass die Spiele stattfinden, wenn auch natürlich unter ganz, ganz komischen Bedingungen. Anderen Bedingungen als die, die wir normalerweise kennen. Aber die mit denen ich reden konnte, sagen alle, ‚Es sind Olympische Spiele, es bleiben Olympische Spiele und wir wollen uns mit den Besten der Welt messen und freuen uns darauf.‘ Und diese Aussagen, die bestätigen eigentlich die Reaktion von IOC und dem Ausrichter in Tokio, dass sie sagen, wir führen die Spiele durch.

vereinsleben.de: Trotzdem waren die Vorbereitungen teilweise problematisch. Grade für die Sportlerinnen und Sportler. Verbote machten das Training teilweise unmöglich …

Miriam Welte: Das war in den ersten Wochen so. Aber relativ schnell war klar, dass die Olympiateilnehmer oder die potenziellen Olympiateilnehmer ganz normal ihr Training absolvieren können. Die Hallen wurden nur für die Olympiakader geöffnet, was auch richtig ist, dass der Kreis so klein wie möglich gehalten wurde, dass man sich da eben nicht irgendwie Infektionen reinholen konnte. Und die Athleten konnten in Deutschland ab Mai letzten Jahres eigentlich wirklich genauso trainieren, wie wir es gewohnt sind oder wie man es gewohnt ist in „normalen Zeiten“. Deswegen würde ich sagen, was die Vorbereitung angeht, dass keinerlei Einbußen da waren. Die psychische Komponente ist natürlich eine andere. Da geht jeder anders mit um. Da ist es auch schwer zu sagen, wer schafft es besser, wer schafft es weniger. Aber das werden wir wahrscheinlich letztendlich auch dann von den Athletinnen und Athleten in Tokio hören, wenn die ersten Wettkämpfe angefangen haben.

vereinsleben.de: Weißt du denn von Sportlern, die an Corona erkrankt sind? Du bist ja genesen, das heißt du hattest auch Corona. Weißt du denn, ob Sportler, die jetzt zu den Olympischen Spielen fahren, auch erkrankt waren?

Miriam Welte: Ich weiß zum Beispiel bei Frank Stebler, er ist ja auch ein Medaillenkandidat im Ringen, dass er im vergangenen Herbst Corona hatte und auch eine sehr schwere Infektion, dass es lange gedauert hat, bis er wieder fit war. Carolin Schäfer zum Beispiel, die Siebenkämpferin, hat die Impfung nicht vertragen und hat da relativ große Einbußen im Training gehabt. Das sind die Zwei, die mir jetzt auf Anhieb einfallen, aber mit Sicherheit gibt es noch mehr. Steffi Krieger, Kanutin, zum Beispiel kann aufgrund ihrer Corona-Infektion im Winter nicht zu den Olympischen Spielen, weil es sie so ausgeknockt hat, sozusagen, dass sie einfach nicht mehr rechtzeitig auf die Füße kam, um für die Spiele fit zu werden. Da gibt es mit Sicherheit noch das eine oder andere Beispiel mehr. Das ist sehr, sehr schade, dass eine Krankheit letztendlich verhindert, wie bei einer Verletzung, dass du nicht zu den Spielen kannst.

Seite 1: Miriam Welte über ihre persönlichen Erfahrungen bei den Olympischen Spiele und das Leben im Olympischen Dorf
Seite 3: Miriam Welte über ihr neues Leben nach dem Profisport und die Ängste der Athleten in Tokio 
Seite 4: Miriam Welte über die deutschen Medaillen-Chancen in Tokio ihren „Ziehsohn“ Timo Bichler und ein Fabelwesen

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