„Das ist einfach gut“

Als Jutta Kleinschmidt in Dakar Motorsport-Geschichte schrieb

Sportnews > Für Zwischendurch Veröffentlicht am Thursday, 20. January 2022

vereinsleben.de: Die Etappen gehen teilweise über 600 Kilometer oder mehr. Wie schafft man das vom Kopf her? 

Jutta Kleinschmidt: Eigentlich geht es schneller als man denkt. Wenn man früh losfährt und weiß, dass eine 600-Kilometer-Etappe vor einem liegt – also Offroad, nicht auf einer Autobahn in Deutschland – dann klingt das erst einmal sehr viel. Aber man ist dann so im Rennen drin, dass die Zeit doch relativ schnell vergeht. Es ist besser, als man es sich vorstellt. Am Anfang hört es sich irrsinnig viel an, aber man fährt dann los und dann kommen die ersten hundert Kilometer, die zweiten hundert Kilometer, und dann hat man auf einmal schon die Hälfte hinter sich. Es geht dann doch viel schneller als man denkt. Aber das Problem ist natürlich, dass es durch die Länge auch viele Möglichkeiten gibt Probleme zu haben. Dass man irgendwo die Situation falsch einschätzt, zu schnell war und dann vielleicht sein Auto kaputt gemacht hat oder technische Probleme bekommt, weil man irgendwo dagegen gefahren ist. Dass Reifen platzen, gehört eigentlich zur Tagesordnung. Reifenwechsel trainiert man auch vorher, dass man das möglichst schnell kann, mit An- und Abschnallen unter zwei Minuten. Das ist schon Wahnsinn. Das muss wirklich trainiert werden, damit man nicht viel Zeit verliert. Genauso die Navigation, dass man auch den richtigen Weg findet. 

vereinsleben.de: Zu deiner Zeit gab es ja auch noch keine Smartphones oder so etwas. Wenn man dann ein Problem hat, wie hat man dann überhaupt Hilfe verständigt? 

Jutta Kleinschmidt: 2001, als ich gewonnen habe, gab es ja schon Mobiltelefone. Aber als ich mit dem Motorrad angefangen habe, gab es eigentlich gar nichts. Im Auto hatten wir dann auch schon ein Satellitentelefon, was heute auch noch zum Einsatz kommt, weil es ja Gegenden gibt, wo man gar keinen Mobilfunk hat. Heute hat auch jedes Auto immer noch ein Satellitentelefon dabei, was immer funktioniert. Wir hatten damals dann aber auch noch Leuchtraketen und die übliche Survival-Ausrüstung dabei, was heute nicht mehr so gemacht wird, weil man heute bessere Systeme hat. Damit konnte man dann auch Signale senden, falls das Satellitentelefon nicht funktioniert. Was es auch schon gab und heute weiterentwickelt ganz viel zum Einsatz kommt, ist ein Tracking-System, das praktisch eine Verbindung zum Veranstalter hat. Wenn zum Beispiel ein Auto stehen bleibt, dann bekommt der Veranstalter sofort ein Signal, dass das Auto steht. Im Auto kann man dann einen Knopf drücken. Entweder grün zum Beispiel, wenn man nur einen platten Reifen hat, also nichts Schlimmes. Oder rot, wenn sofort Hilfe benötigt wird. Wenn man gar nicht drückt, kommt natürlich auch sofort Hilfe, weil man ja nicht genau weiß, was mit dem Teilnehmer passiert ist. Also das ist heute schon gut abgesichert. Das war früher natürlich noch nicht so gut, aber da musste man dann ein bisschen länger warten. Zum Beispiel wurde auch an Check-Points notiert, ob man da durchgefahren ist. Und sollte man da nicht angekommen sein, dann haben die schon mal jemanden losgeschickt zum Gucken. Und natürlich gibt es andere Teilnehmer auf der gleichen Strecke, die auch sofort helfen, wenn etwas ist. 

Die damals 22-jährige Kleinschmidt (rechts) im Jahr 1988 kurz vor dem Start ihrer ersten Rallye Dakar. Bis 1995 nahm sie auf dem Motorrad teil. (Bild: picture-alliance / dpa | dpa) 

vereinsleben.de: Hattest du denn in deiner Zeit auch mal eine brenzlige Situation?

Jutta Kleinschmidt: Ja, natürlich hat man die. Gerade auf dem Motorrad. Ich bin viel auf dem Motorrad gefahren und da fällt man ja schon öfter mal hin. Ich habe zum Beispiel keine Dakar Rallye überstanden, ohne auf dem Motorrad zu stürzen, denn es ist einfach so lang. Normalerweise ist das nicht schlimm, dann schüttelt man sich ein bisschen und fährt weiter. Aber da sind natürlich schon Unfälle dabei, die auch schlimmer ausgehen können. Im Auto habe ich mich immer sehr sicher gefühlt. Da hatte ich keine Angst mir weh zu tun. Da hatte ich eher Angst, dass ich das Material kaputt mache und das Rennen deswegen verliere.

vereinsleben.de: Was hat sich denn durch deinen Sieg verändert? Du warst ja immerhin die erste Frau, die in dieser Männerdomäne nachhaltig Spuren hinterlassen hat. 

Jutta Kleinschmidt: Da hat sich viel verändert. Durch diesen Sieg war ich auf einmal weltweit in der Presse. Man kommt nach Hause und alle warten auf einen. Ich bin natürlich auch die nächsten Monate von Land zu Land herumgereist, habe sehr viel gesehen und viele neue Leute kennengelernt. Zum Beispiel ist es auch der Wahnsinn, dass eine deutsche Firma in diese Sportart eingetreten ist. Das gab es im Autobereich zu dem Zeitpunkt nicht und sie haben mich dann auch auserwählt, zusammen mit ihnen das Auto zu entwickeln und dann an der Dakar Rallye teilzunehmen. Das waren alles Möglichkeiten, die ich ohne den Sieg nicht gehabt hätte. 

Teil 1: Jutta Kleinschmidt über ihre Erinnerungen an ihren Sieg
Teil 3: Jutta Kleinschmidt über ihre erste Begegnung mit der Rallye Dakar
Teil 4: Jutta Kleinschmidt über die zukünftigen Herausforderungen für den Motorsport 

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