„Das ist einfach gut“

Als Jutta Kleinschmidt in Dakar Motorsport-Geschichte schrieb

Sportnews > Für Zwischendurch Veröffentlicht am Thursday, 20. January 2022

vereinsleben.de: Du hast es schon öfter erwähnt, du hast auf dem Motorrad angefangen. 1987 bist du sogar die komplette Dakar Rallye inoffiziell als Zuschauerin mitgefahren. Wie kam es dazu? 

Jutta Kleinschmidt: Ich habe von der Dakar Rallye gehört, und habe mir gedacht, das ist ja eines der größten Abenteuer, die man noch machen kann. Das ist Wahnsinn, ich wollte das unbedingt sehen. An eine offizielle Teilnahme war damals aber gar nicht zu denken, denn das konnte ich mir weder leisten, noch hatte ich die Fähigkeiten dafür. Ich war keine Rennfahrerin, sondern ich war eine Hobbyfahrerin. Dann habe ich mir gedacht: Da fährst du mal als Urlauber mit und versuchst jeden Tag ins Biwak zu kommen. Ich war auch noch sehr jung, da macht man sich nicht so viele Gedanken. Mir war überhaupt nicht klar, was das überhaupt bedeutet. Zum Beispiel hatte ich dann ja überhaupt keine Absicherung. Mich hätte niemand gesucht, wenn ich verloren gegangen wäre. Ich hatte noch nicht einmal das Road-Book vom Veranstalter. Ich hatte eine Michelin-Karte mit einer Skalierung eins zu vier Millionen und habe versucht mich da durch Afrika zu kämpfen. Also kein Satellitentelefon, da gab es wirklich noch kein Mobiltelefon, da gab es noch nicht mal ein GPS, da gab es gar nichts. Das war schon sehr, sehr abenteuerlich. Allein über diese eine Reise könnte ich ein Buch schreiben. Aber ich habe es geschafft. Ich bin dann tatsächlich in Dakar, am Lake Rose angekommen. Einem See, der durch Algen tatsächlich rosa ist. Dort habe ich dann meine ganzen Heroes gesehen, die es geschafft haben. Das war dann für mich der Punkt, an dem ich gesagt habe: Das muss ich auch im Rennen machen. Das war eigentlich der Auslöser für meine motorsportliche Karriere. 

vereinsleben.de: Das ist aber schon ein bisschen verrückt, oder? 

Jutta Kleinschmidt: Ja, total verrückt. Ich hatte da Erlebnisse... Ich bin irgendwann mal falsch gefahren, denn auf meiner Michelin-Karte war da eine große Straße eingezeichnet, und da habe ich gedacht: „Super, die nehme ich“. Diese Straße gab es aber gar nicht. Das war einfach quer durch die Wüste, und ich habe mich dann auch verfahren und bin dann in meiner Verzweiflung nur zwei Autospuren hinterhergefahren. Das war das einzige Lebenszeichen, was ich noch gesehen habe. Ich fuhr dann ein oder zwei Stunden und man hat dann immer noch ein Problem mit Benzin. Es war mit dem Motorrad eine Strecke von fast 800 Kilometern, natürlich ohne Tankstelle, die gab es nicht, es gab gar nichts. Ich fuhr dann diesen Spuren hinterher und habe gesagt, irgendwo müssen die schon hingehen. Dann kamen mir zwei Fahrzeuge entgegen. Das waren natürlich die zwei, die die Spur gezogen hatten. Und man hält dann natürlich mitten in der Wüste an, man trifft ja nicht so oft jemanden. Das waren Deutsche, die auf einem Abenteuerurlaub unterwegs waren und die sich schon eine Woche verfahren hatten. 

vereinsleben.de: Eine komplette Woche? 

Jutta Kleinschmidt: Ja. Solche Erlebnisse hatte ich dann schon und es hätte genauso gut schiefgehen können. Es war verrückt. Aber wenn man jung ist, hat es ja auch den Vorteil, dass man vielleicht manchmal nicht so viel nachdenkt, was alles passieren könnte. Sonst hätte ich es sicherlich nicht gemacht. 

vereinsleben.de: Gehen wir mal noch ein paar Jahre weiter zurück. Du bist in Berchtesgaden aufgewachsen, im tiefsten Bayern. Wie bist du zum Rennfahren oder zum Motorsport gekommen? Eigentlich hättest du da doch Wintersportlerin werden müssen… 

Jutta Kleinschmidt: Ja, das stimmt auch. Wir haben als Kinder, ich habe ja noch drei Schwestern, sehr viel Wintersport gemacht und im Sommer auch viel Wandern und Klettern. Aber schon als kleines Mädchen, als ich zum ersten Mal ein Motorrad gesehen habe, fand ich die sehr spannend. Ich weiß noch, dass ein Freund meiner Eltern mit dem Motorrad zu uns zu Besuch kam. Auf den habe ich so lange eingeredet, bis er mich mitgenommen hat. Zum Entsetzen meiner Mutter, die war da richtig ärgerlich. Aber das hat mich so fasziniert, dass ich, seitdem ich denken kann, den Traum hatte, mir irgendwann ein Motorrad zu kaufen. Das war dann erst einmal ein Mofa in dem Alter, in dem man Mofa fahren darf. Erst mit 18 kam dann tatsächlich das Motorrad. Aber wenn man Träume hat, dann erfüllt man sie sich auch irgendwann. 

Teil 1: Jutta Kleinschmidt über ihre Erinnerungen an ihren Sieg
Teil 2: Jutta Kleinschmidt über die Gefahren und Herausforderungen der Rallye Dakar
Teil 4: Jutta Kleinschmidt über die zukünftigen Herausforderungen für den Motorsport 

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