„Das ist einfach gut“

Als Jutta Kleinschmidt in Dakar Motorsport-Geschichte schrieb

Sportnews > Für Zwischendurch Veröffentlicht am Thursday, 20. January 2022

vereinsleben.de: Die Dakar Rallye hat sich im Laufe der Zeit ja sehr verändert. Vor allem in den letzten Jahren wurde auch die Kritik immer lauter. Wie stehst du denn inzwischen dazu? 

Jutta Kleinschmidt: Ich bin ja jetzt seit drei Jahren die Präsidentin der Cross-Country Rally Commission bei der FIA. Das ist die Kommission, die die ganzen Regularien für diesen Sport macht. In letzten Jahren war meine Aufgabe, ganz viele neue Innovationen in diese Sportart hineinzubringen. Ich denke, das ist uns auch gelungen. Wir haben vor allem sehr viel gemacht für den Einsteigersport. Wir haben jetzt so kleine, kostengünstige Fahrzeuge, die wir Side-by-Side-Buggys nennen, und die man sich leisten kann, sodass man auch zu angemessenen Kosten teilnehmen kann. Das hat viele junge Fahrer gebracht. Die Dakar Rallye war zum Beispiel dieses Jahr zum ersten Mal wieder ausgebucht. Das war seit 2008 nicht mehr der Fall, die Zahlen sind immer weniger geworden. Etwas sehr Interessantes, was wir auch gemacht haben, ist, dass wir ein Regelwerk für neue Technologien geschaffen haben. Zum Beispiel ist dieses Jahr das erste Mal ein voll elektrisch angetriebener Audi mitgefahren. Audi hat diese Herausforderung angenommen und hat ein Elektroauto gebaut, das einen kleinen Energiegenerator an Bord hat, der nur dazu dient, Strom zu produzieren, aber beim Fahren auch wieder die Batterie volllädt. Es war ein riesiger Erfolg und die haben sogar schon einige Etappen dieses Jahr gewonnen und technisch wenig Probleme gehabt. Das ist jetzt momentan toll, weil man sieht, dass diese Sportart vom Interesse her wieder voll nach oben geht. Das Austragungsland hat gewechselt, es ist jetzt in Saudi-Arabien, was aber von der Sicherheit her ein großes Plus ist. Auch das Gelände dort ist sehr geeignet. Wir haben eigentlich alles von Dünen bis Bergen und wirklich wunderschöne Landschaften. Insofern haben wir da sehr viel getan, gerade was Sicherheit angeht und auch was die Umweltfreundlichkeit angeht. Wir hatten jetzt auch schon relativ viele Teams dabei, die mit Bio-Fuel der zweiten Generation gefahren sind. Also da tut sich momentan einiges. 

Auch in offizieller Funktion ist Kleinschmidt noch immer ein Vorbild für Frauen im Motorsport. Hier gemeinsam mit Cristina Gutierrez vor der ersten Etappe der Dakar Rallye 2021. (Bild: picture alliance / DPPI media | JULIEN DELFOSSE)

vereinsleben.de: Auf das Thema Umweltschutz wird generell immer mehr Wert gelegt. Du selbst bist Teil der Elektro-Rennserie Extreme E. Was muss sich im Motorsport zukunftsweisend noch ändern? 

Jutta Kleinschmidt: Wir sind ja mit unserer Sportart Cross-Country auf einem wirklich guten Weg, da wir jetzt ein Regelwerk haben, in dem alle Hersteller ihre neuen Produkte ausprobieren können. Denn man kann ja nur mitfahren, wenn es dafür auch ein Reglement gibt. Das ist in vielen Sportarten nicht der Fall. Zum Beispiel gibt es bis jetzt die Extreme E oder die Formel E, aber da fährt man mit Einheitsautos. Also das heißt, der Hersteller kann da hineingehen, aber er hat halt schon ein Auto, was von einem anderen Hersteller gebaut wurde, und kann da Kleinigkeiten daran ändern, aber nichts Gravierendes. In unserer Sportart haben wir das Regelwerk so gemacht, dass nur die Grundsachen gleich sind. Du baust es zwar selbst, aber du muss eine bestimmte Radgröße haben, du hast nur einen bestimmten Federweg, dein Auto muss ein bestimmtes Gewicht und eine bestimmte Breite haben. Welche umweltfreundliche Technologie dann verwendet wird, ist dem Hersteller frei überlassen. Das hat Audi jetzt als erster genutzt. Wir haben ganz viele Projekte für elektrische Fahrzeuge mit Brennstoffzellen geplant, die nächstes Jahr kommen. Das ist schon großartig. Ich glaube, es ist wichtig, dass die Hersteller sich in einer Sportart austoben können und ihren neuen Technologien entwickeln können. Das haben wir jetzt so gemacht und das kommt im Moment auch wirklich gut an. Darüber hinaus kann man viel mit umweltfreundlichen Treibstoffen machen, was wir ja dieses Jahr auch schon gemacht haben. Zum Beispiel E-Fuel, was aus Strom gemacht wird, ist hier ein Thema. Da verwendet man zum Beispiel kein Öl mehr, keine fossilen Ressourcen mehr. Wenn man noch Verbrennungsmotoren hat, kann man die mit E-Fuel oder Bio-Fuel betreiben. Aber wie gesagt, der elektrisch angetriebene Audi hat sich etabliert und hat für Furore gesorgt, weil der gegenüber dem Verbrenner sogar viele Vorteile hat. Er beschleunigt sehr gut, in den Dünen war das Auto ein Erfolg. Ich habe das vor Ort gesehen. Ich habe die ganze Rallye im Helikopter begleitet und war dadurch natürlich sehr viel auf der Rennstrecke und habe die Fahrzeuge immer in Aktion gesehen. Das war ein riesiger Unterschied. Auch bei unterschiedlichen Höhenlagen hat er große Vorteile. Also wenn man in etwa 3000 Meter Höhe kommt, hat ein Verbrenner einen Nachteil, weil er ja Luft braucht zum Verdichten, und der E-Motor läuft aber genauso wie auf Meeresspiegellevel. Das haben jetzt viele gesehen und das motiviert jetzt noch mehr Teams in die Richtung zu gehen, was natürlich toll ist. 

"Einen Traum zu haben, ist ein Schatz"

vereinsleben.de: Du warst ja während deiner Karriere immer in schnellen, PS-starken Autos oder auf Motorrädern unterwegs. Was fährt denn die Motorsportlegende Jutta Kleinschmidt eigentlich privat für ein Auto? 

Jutta Kleinschmidt: (Lacht) Ich habe einen Mini Electric und ich liebe ihn. Den habe ich mir Anfang letzten Jahres gekauft und ich liebe ihn. Er beschleunigt richtig gut, macht richtig Spaß und hat ein sehr gutes Fahrwerk. 

vereinsleben.de: In der vermeintlichen Männerdomäne Motorsport wirst du als Frau zurecht als Legende und Vorbild bezeichnet. Was sagst du zu jungen Frauen, die einen Traum haben, der aber auch heute vielleicht noch erst einmal unmöglich erscheint? 

Jutta Kleinschmidt: Dass etwas unmöglich ist, gibt es für mich eigentlich nicht. Das muss ich ganz ehrlich sagen. In meiner Familie hat niemand Motorsport gemacht, aber ich habe irgendwie davon geträumt und habe es ja auch geschafft. Ich hatte auch keine reichen Eltern oder Verwandten, die mich unterstützen konnten. Das ist der Punkt. Wenn man etwas wirklich will und alles daransetzt, das zu bekommen. Auch hart dafür arbeitet und einfach schon mal losläuft in diese Richtung. Ohne sich zu viele Gedanken darüber zu machen, was man nicht kann oder warum es nicht funktionieren sollte, dann kann man ganz schön weit kommen. Ich glaube, meine Geschichte zeigt das und deswegen kann ich nur jedem empfehlen, wenn man einen Traum hat, dann ist es ein Schatz einen Traum zu haben. Denn viele haben gar keine Träume oder zu wenige Träume. Wenn man einen großen Traum hat, dann ist das schon mal gar nicht so gewöhnlich. Man muss das ausnutzen, denn in diesem Traum findet man ganz viel Motivation sich in diese Richtung zu bewegen.

Teil 1: Jutta Kleinschmidt über ihre Erinnerungen an ihren Sieg
Teil 2: Jutta Kleinschmidt über die Gefahren und Herausforderungen der Rallye Dakar
Teil 3: Jutta Kleinschmidt über ihre erste Begegnung mit der Rallye Dakar

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